Die Top-10-Hundebedürfnisse

Wir leben mit unseren Hunden so vertraut und eng zusammen wie nie zuvor. Und wir lieben unsere Hunde dafür, dass sie uns so viel Freude schenken, uns bedingungslos lieben und einfach treue Begleiter sind. Was wir ihnen umgekehrt zurückgeben, sollte mehr sein als nur Liebe und ein voller Napf. Wir müssen uns auf unsere Hunde einlassen, ihre grundsätzlichen Bedürfnisse verstehen und kennen, um zumindest ebenso guter Partner:innen für sie zu sein, wie sie es für uns sind.

1. BEZIEHUNG UND KLARE STRUKTUREN

Das wohl wichtigste Bedürfnis eines sozialen Rudeltieres ist eine klare Sozialstruktur und eine sichere Position in selbiger. Dabei streben Hunde nicht danach, an der Spitze eines Rudels zu stehen, sie wollen nur wissen, woran sie sind, und wer welche Aufgaben verlässlich übernimmt. Im Kern brauchen Hunde in erster Linie einen Fels in der Brandung, an dem sie sich vor allem in heikleren Situationen orientieren können.

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Deshalb beobachten Hunde ganz genau, wer im Rudel wen „bewegt“, wer also die Entscheidungen trifft und diese auch verlässlich umsetzt. Wir Menschen zeigen uns dabei allerdings sehr leicht manipulierbar. Der Hund stupst den Menschen an, um gestreichelt zu werden, fordert mit einem durchdringenden Blick einen Snack zwischendurch oder bellt, um den Menschen zu einem Spiel aufzufordern – und der Mensch gibt nur allzu oft nach und erfüllt dem Hund seine Wünsche. Am Ende hat aber nicht der Mensch die Entscheidung zur Interaktion getroffen, sondern der Hund.

Und auch draußen checken Hunde – bewusst oder unbewusst – ab, wie manipulierbar ihre Menschen sind: Sie ziehen zum Schnüffeln von A nach B, markieren da, scharren dort und beschließen dann selbst wieder, wann es Zeit ist weiterzugehen. Das sind im Grunde alles kleine Entscheidungen, deren Ausmaß in Summe aber sehr groß sein kann. Hunde lernen dadurch nämlich, dass ihre Menschen auf sehr einfache Art und Weise lenkbar sind und sie doch sehr viele Fäden ziehen. Doch an so jemandem kann man sich nicht orientieren und auch nicht verlassen, wenn es hart auf hart kommt. Dann braucht man nämlich jemanden an seiner Seite, der viel mehr Klarheit und Sicherheit vorgibt. Es gilt daher also, deinen Hund viel mehr zu ignorieren, wenn Dinge von ihm eingefordert werden! Das heißt dann: nicht anschauen, nicht ansprechen, nicht anfassen. Hinterfrage immer: Wer hat agiert, wer reagiert. Ganz nach dem Motto: Willst du gelten, mach dich selten!

Mehr zu den wichtigen Alltagsregeln erfahren..

2. ERZIEHUNG

Natürlich strebt jede:r nach einem gut erzogenen Hund. Aber auch für deinen Hund ist es wesentlich entspannender, zu wissen, wie man sich in allen möglichen Situationen, die das Leben so fordert, richtig verhält. Ein Hund, der z.B. nicht gut gelernt hat Frust auszuhalten und dann im Gastgarten ständig bettelt und jammert, hat Stress. Ein Hund, der jeden Besuch wie verrückt anspringt, hat nicht nur positiven Stress. Ein Hund, der nicht gelernt hat, alleine zu bleiben, leidet. Ein Hund, der nur an der Leine gehen darf, weil er keinen verlässlichen Rückruf kann, ist in seiner Lebensqualität sehr stark beschnitten. Dem Hund also ein paar Basics wie einen sicheren Rückruf, ein festes Bleib-Signal und ein lockeres Gehen an der Leine beizubringen, sind wir ihm also schuldig.

Erziehung braucht aber Beziehung. Deshalb ist es so wichtig, dass dein Hund dich ernst nimmt und weiß, dass du ihm Sicherheit gibst (siehe Punkt 1).

3. WENIG VERANTWORTUNG

In jedem Hund steckt ein gewisses Maß an territorialer und auch sozialer Motivation – beim einen mehr, beim anderen weniger. Ersteres bedeutet das Bewusstsein für den Bereich, in dem er lebt oder sich gerade befindet. Zweiteres beschreibt das Anschlussbedürfnis an Sozialpartner:innen und kann bei einer sehr starken Motivation auch zum Schützen und Bewachen von Frauchen und Herrchen führen. In vielen Alltagssituationen ist genau dieses Verhalten jedoch störend. 

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Wenn etwa der Hund seinen Menschen auch neben dem Büroschreibtisch verteidigt oder keine Besucher:innen mehr hereinlässt. Lässt man den Hund seine individuell angeborenen Antriebe frei ausleben, wird er die Sicherheitslücke finden und sie füllen. Insofern ist es wichtig, ihm zu suggerieren, dass du die Verantwortung für dich und auch das jeweilige Territorium hast.

Das kannst du z.B. tun, indem du beim Verlassen des Hauses oder Autos erst mal vor deinem Hund abcheckst, ob die Luft rein ist, nach links und rechts schaust und erst dann deinen Hund mitnimmst. Oder ihm beibringst, bei Besucher:innen zunächst einmal auf seinem Platz liegen zu bleiben (anleinen ist anfangs natürlich erlaubt). Oder ihn aber auch gegebenenfalls vor Hunden abschirmst, die frech oder drohend auf ihn zukommen.

All das sind beispielhafte Sicherheitsaufgaben, die zu viele Hunde alleine übernehmen müssen und dann auch in anderen Situationen glauben, Verantwortung zu haben. Wir können diese Motivation, die wir jahrhundertelang durch Zucht verstärkt haben, nicht aus unseren Hunden „wegtrainieren“, aber ihnen zeigen, dass wir an vielen Stellen in der Lage sind, Verantwortung für ihre Sicherheit zu übernehmen.

Richtig Verantwortung übernehmen!

4. GRENZEN UND REGELN

Viele Hunde dürfen heutzutage alles. Sie bekommen jede Ressource und jedes Privileg ungefragt. Grenzen gibt es keine. Die Besitzer:innen ärgern sich zwar, wenn der Hund nicht auf den Rückruf hört oder an der Leine zieht, aber können nicht eine Regel nennen, die immer gilt.

Sogar Menschen, die keine Probleme hatten, ihren Kinder klare Vorgaben zu machen, oder in ihrer Führungsposition viele Mitarbeiter:innen anleiten, schaffen es nicht, Gleiches für ihre Hunde zu tun.

Dabei wäre es so wichtig, seinem Hund ein respektvolles Miteinander beizubringen. Es ist in Ordnung, sich von seinem Hund nicht zu jeder Stelle hinziehen zu lassen, sondern seinen Weg einfach fortzusetzen. Es ist wichtig, sich von seinem Hund nicht in die Magengrube springen zu lassen, sondern im richtigen Moment einen Schritt auf den Hund zuzugehen, sodass er abbremst. Und es ist absolut richtig, seinen Hund vom Sofa zu schicken, wenn das Sofa nunmal tabu ist.

An Regeln kann man sich übrigens nur halten, wenn diese klar definiert sind. Stelle daher einige Regeln auf, auf deren Einhaltung du immer bestehst. Das kann zum Beispiel sein, dass ein spezieller Raum nicht betreten werden oder dein Hund nicht ohne Freigabe aus dem Auto springen darf.

Grenzen und Regeln braucht es – wie auch in jeder anderen Beziehung.

Erfahre hier, wie du richtig Grenzen setzen kannst!

5. KONSEQUENZ

„Konsequenz“ in der Hundeerziehung ist den meisten ja kein Fremdwort. Doch was ist damit eigentlich gemeint? Konsequentes Handeln bedeutet, eine einmal in der Situation getroffene Entscheidung nicht wieder zu revidieren, nur weil der Hund seinen besten Hundeblick aufsetzt. Es kann ja beispielsweise durchaus sein, dass man ab und zu möchte, dass der Hund aufs Sofa kommt. Holt man den Hund also zu sich, ist das absolut in Ordnung. Kein Lebewesen macht nicht ab und zu mal Ausnahmen von der Regel. Stellt sich der Hund aber vor das Sofa, starrt den Menschen an und gibt nicht auf, bis schließlich der Mensch nachgibt, handelt der Mensch inkonsequent. 

Damit macht man sich als Hundehalter:in und wichtigste:r Sozialpartner:in für den Hund unglaubwürdig und wenig vertrauensvoll. Vertrauen ist in brenzligen Situationen aber nun einmal wichtiger, als das Fähnchen im Wind zu sein.

Mehr über Alltagsregeln und warum Konsequenz so wichtig ist

6. VERSTÄNDNIS 

Der Kollege Normen Mrozinski hat in einem äußerst gelungenen Artikel geschrieben: „Wir wollen den besten Freund des Menschen? Dann sollten wir uns aber auch wie ein Freund benehmen.“ Freund:innen verstehen einander oft blind. Sie sind so aufeinander eingespielt, dass es meist keiner Worte bedarf. Mit Sicherheit kennen unsere Hunde uns auch in- und auswendig, schließlich haben sie den ganzen Tag kaum etwas anderes zu tun, als uns zu beobachten. Aber verstehen wir Menschen unsere Vierbeiner wirklich?

Haben wir uns mit der Sprache der Hunde wirklich auseinandergesetzt und verstehen ihre Körpersprache und Kommunikation, ohne vermenschlichende Schlüsse zu ziehen?  Die traurige Wahrheit ist, dass Fehlinterpretationen und Kommunikationsmissverständnisse oft zu echtem Problemverhalten führen. Dabei sind wir es doch, die die Hunde bei uns aufnehmen und ihnen ein nettes Leben bieten wollen. Kein Hund stand jemals freiwillig mit gepacktem Koffer vor unserer Tür und bat um Aufnahme. In aller Regel sind wir es, die sie aussuchen und bei uns leben lassen wollen. Also sind wir ihnen auch schuldig, ihre Sprache zu lernen und sie richtig zu verstehen.

Körpersprache & Kommunikation lesen und verstehen lernen

7. TYPGERECHTE BESCHÄFTIGUNG

Die meisten unserer Hunde sind jahrhundertelang zu spezialisierten Arbeitern gezüchtet worden. Sie sollten Schweine vom Hof auf den Markt treiben, dort auf die Kassa aufpassen, den Steuereintreiber begleiten und beschützen, Vieh vor die Flinte jagen oder die Herde vor Räubern beschützen. Von ihnen übrig geblieben ist heute ein Haufen Arbeitsloser, die mit etwas Glück einmal am Tag eine längere Spazierrunde durch den Park ziehen dürfen. Echte Aufgaben haben sie dabei nicht zu erfüllen. Und so suchen sie sich dann aus Langeweile gerne einmal selbst eine heiße Fährte, pöbeln Artgenossen an oder hetzen aus Spaß dem Jogger hinterher. Hunde müssen aber auch nicht dreimal pro Woche zum Agility, Dogdance und Trickdogging gehen, um glücklich zu werden. Im Gegenteil, zu viel Beschäftigung kann gerade bei sehr aktiven Hunden kontraproduktiv sein, und sie lernen dadurch nicht, auch zur Ruhe zu kommen. Sie aber im Alltag immer wieder in Aufgaben einzubinden, sie zwischendurch bei Fuß gehen zu lassen, an der Ampel abzuwarten oder ihnen ab und zu Futter oder Beute für ein bisschen Nasenarbeit anzubieten, sollte zu unserem täglichen Beschäftigungsprogramm gehören. Frei nach Martin Rütter: „Geben Sie Ihrem Hund eine Aufgabe, sonst wird er eine!“

Die passende Beschäftigung für dich und deinen Hund finden

8. RUHE UND AUSZEITEN

Apropos Beschäftigung: Wie schon erwähnt, streben Hunde in aller Regel nicht nach permanenter Action, es sei denn, man gewöhnt sie daran, ständig bespaßt werden zu müssen. Aber versprochen, auch für den fleißigsten Border Collie kommt einmal der Winter, in dem die Schafe im Stall stehen. Unsere Hunde brauchen um die 18 Stunden Schlaf pro Tag, dabei sind Dösen und Ausruhen natürlich einberechnet. Der Anspruch, sie permanent beschäftigt wissen zu wollen, ist also falsch, vielmehr sollten kleinere Einheiten zwischendurch Abwechslung in ihren Alltag bringen. Ich plädiere aber auch immer dafür, dass Hunde lernen sollten, dass an manchen Tagen gar nichts passiert. Wenn du etwa krank bist, soll der Hund nicht am Rad drehen, weil mal einige Tage weniger passiert.

Das Verlangen mancher Hunde, ständig etwas zu tun und nicht gut abwarten zu können, beruht sehr häufig auf dem Erziehungsfehler, mit Hunden nur aktive Dinge zu trainieren. Dass es aber bereits ab dem Welpenalter schon dazugehört, Hunden beizubringen, z.B. andere Hunde zu sehen, ohne direkt Kontakt zu haben, oder Besucher:innen hereinkommen zu lassen, ohne dass der Hund an vorderster Front begrüßt wird, nervt die Halter:innen dann spätestens im Junghundealter. Da wird dann vor Frust gebellt, was das Zeug hält, oder gar erste Frustrationsaggression gezeigt, weil es ja vorher immer selbstverständlich war, sein Verlangen einfach durchzusetzen.

9. SINNVOLLER SOZIALKONTAKT

Der Mensch ist der wichtigste Sozialpartner des Hundes. Kein anderes Lebewesen kann einen Artfremden als zumindest gleichwertigen Sozialpartner akzeptieren. Wenn andere Hunde für Hunde wichtiger wären, würden sie am Ende des Tages nicht mit uns von der Hundewiese nachhause gehen, denn auch ein vierbeiniger Freund wäre ein absolut würdiger Ersatz, um nicht allein zu sein. Faktisch sehnen sich Hunde aber, sofern die Beziehung stimmt, immer in erster Linie nach dem Menschen, der ihnen Sicherheit und Führung im Alltag gibt.

Das soll nicht bedeuten, dass Hunde keine anderen Hunde brauchen würden. Vor allem im Sozialisierungsprozess ist es sogar wichtig für Hunde, mit vielen anderen Hunden kontrolliert in Kontakt zu kommen, um das eigene Sozialverhalten richtig entwickeln zu können. Später jedoch, wenn die Hunde mit 2 bis 3 Jahren wirklich erwachsen sind, müssen sie nicht täglich mit anderen Hunden konfrontiert werden. Im Grunde reichen da ein paar nette Kumpels, mit denen sie auch vertraut spielen können. Von erwachsenen Hunden aber täglich zu erwarten, auf die Hundewiese zu gehen und dort mit anderen, fremden Erwachsenen zu spielen, ist wieder ein Fall von Vermenschlichung, weil wir das von unseren Kindern auf dem Spielplatz ja auch so erwarten. Wir selbst gehen als Erwachsene aber kaum mit Spielkarten in den Park, um Fremde zu einer Partie Poker einzuladen, oder?

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10. RESPEKT UND TOLERANZ

Natürlich haben sich Hunde seit der Domestikation immer weiterentwickelt und sind immer engere Partner des Menschen geworden. Spätestens wenn es aber um Urantriebe wie Jagen, sich in stinkendem Zeug wälzen oder Markierverhalten geht, wissen wir, dass der Urvater Wolf immer noch der nächste Verwandte unserer treuen Gefährten ist. Selbst wenn viele dieser rudimentären Verhaltensweisen heutzutage keine biologische Funktion mehr erfüllen, sind sie dennoch da. Kein Hund der Welt wälzt sich dem Menschen zu Fleiß in Kot oder geht jagen, weil er Frauchen und Herrchen satthat.

Es handelt sich schlicht um natürliche – wenn auch oft beim Menschen unerwünschte – Handlungen, die Hunde in ihrem Repertoire mitbringen. Die ein oder andere Sache kann man ihnen natürlich über Alternativverhalten oder Training abgewöhnen, aber im Grunde sind sie am Ende des Tages Tiere, die sich alles in allem ohnehin schon optimal an den Menschen angepasst haben. Wir können mit Hunden auf engem Raum in der Stadt leben, sie tolerieren täglich rudelfremde Artgenossen in ihren Wohngebieten, wir dürfen sie an einer begrenzenden Leine führen und sie sogar allein lassen. So viel Anpassungsbereitschaft und Toleranz angesichts der vielen Fehler, die wir tagtäglich mit ihnen begehen, sollten wir ihnen umgekehrt auch entgegenbringen.

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